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MIT NATÜRLICHEN MITTELN GEGEN FALSCHEN MEHLTAU
Weinbauinstitut Freiburg stellt Mikrokapsel mit biologischen
Reben-Peronospora, befallenes Blatt mit weißem Sporenrasen
© Foto: Staatliches Weinbauinstitut Freiburg



Wird es in absehbarer Zeit möglich sein, die Blattfallkrankheit (Rebenperonospora / Falscher Mehltau) mit natürlichen Mitteln bekämpfen zu können?

An diesem Ziel arbeiten Forscher des Staatlichen Weinbauinstituts Freiburg (WBI) im Rahmen des EU-Projektes VineMan.org. Mit natürlichen Substanzen soll die pflanzeneigene Immunität der Weinrebe aktiviert und verstärkt werden, so dass sie weitgehend resistent für den Falschen Mehltau wird.

Insbesondere für ökologisch wirtschaftende Weinbaubetriebe, deren Möglichkeiten zur Bekämpfung der Blattfallkrankheit nur sehr begrenzt sind, wäre dies ein enormer Fortschritt.

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Verfahrenstechnik an der Universität Erlangen hat das WBI Mikrokapseln entwickelt, mit deren Hilfe die natürlichen Aktivatoren der pflanzlichen Resistenz ihre volle Wirkung entfalten sollen.

Das Prinzip: Restprodukte aus der Apfelsaftproduktion, Shiitake-Pilze, Hopfen, Tomaten oder Süßholz werden in einer aus natürlichen Fetten bestehenden Mikrokapsel verpackt und zur Gesunderhaltung der Pflanze im Weinberg ausgebracht.

„Mit diesen Wirkstoffen möchten wir die Immunität der Pflanze stärken und so einen effektiven Schutz der Weinrebe vor pilzlichen Krankheitserregern herstellen“, beschreibt der Spezialist für Rebkrankheiten im WBI, Hanns-Heinz Kassemeyer, das Wirkungsprinzip. Er erforscht im Freiland und im Labor die Abwehrmechanismen der mit den Mikrokapseln behandelten Pflanzen.

Aufgrund ihrer winzigen Größe von nur 25 Mikrometern, ein Fünftel des Durchmessers eines menschlichen Haares, können die Mikrokapseln wie eine Flüssigkeit mit einem praxisüblichen Spritzgerät auf die Blätter der Rebe ausgebracht werden. Kleine Poren im Material sorgen dafür, dass die Wirkstoffe nur bei feuchtem Klima aus der Hülle austreten, sich an der Oberfläche des Blattes anheften und die Pflanze so vor Pilzbefall schützen. Die Mikrokapsel baut sich innerhalb weniger Wochen vollständig ab.



Mikrokapsel neben einer Spaltöffnung auf einem Rebblatt
© Foto: Staatliches Weinbauinstitut Freiburg / Uni Basel



Den optimalen Termin für die Ausbringung der Mikrokapseln kann der Winzer
dem VitiMeteo, einem vom WBI und der Schweizer Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil entwickelten Online-Serviceangebot, entnehmen.

Auf Grundlage von landesweit installierten Wetterstationen erstellt das System standortgenaue Wetterprognosen, die dem Winzer am heimischen Computer rechtzeitig melden, ob in seiner Anlage Wetterbedingungen für eine schwere Infektion vorliegen. Ist dies der Fall, bringt er die Mikrokapseln in seinen Reben aus und wendet so die drohende Krankheitsgefahr ab.

„Unsere begründete Annahme, die Blattfallkrankheit mit natürlichen Mitteln bekämpfen zu können, wird mit dieser Form der intelligenten Verpackung nun zum realen Forschungsgegenstand“ betont Rolf Steiner, Leiter des Staatlichen Weinbauinstituts.

„Sollte diesem Projekt der Durchbruch gelingen, würde dies für die Ökologisierung des Weinbaus bei unseren gängigen Sorten soviel bedeuten wie die Entwicklung von Impfstoffen durch Louis Pasteur oder Robert Koch auf medizinischer Ebene“ ist der badische Biowinzer Dr. Heiko Feser (Weinerei Dr. Feser, Wildtal) überzeugt.


Weitere Ergebnisse
zur Wirksamkeit der biologischen Präparate sowie der Mikrokapseln sollen beim WBI bis Herbst 2012 vorliegen.


Kontakt für weitere Auskünfte
Weinbauinstitut Freiburg
Dr. Hanns-Heinz Kassemeyer
Telefon 0761 - 40165-30
Mobil: 0174 - 3368165
Email: Hanns-Heinz.Kassemeyer@wbi.bwl.de





eingestellt von: Redaktion Wein-Inside
Datum: 10.02.2012